Abende

Wie geht man mit dunklen Gestalten um? Heute abend im Kiosk (ja heute geht man nicht mehr zum Kiosk sondern hinein) hat mich die Verkäuferin gebeten zu bleiben, während sie zwei Männer draussen beobachten wollte. Einer kam dann wieder rein, verhielt sich auffällig, fragte nach einem Heft, das es aber nicht gab. Er spürte die Nervosität der Verkäuferin und fragte, ob irgendwas los sei. Alles sei gut, sagte diese, obwohl jeder spüren konnte, dass es nicht so war. Dann kam er zu mir, wollte sich beklagen, dabei hatte ja niemand etwas gesagt – es war nur diese Spannung. Er leide darunter, dass die Verkäuferin meine, er stehle, er sei doch auch nur ein Mensch, sagte er. Ich sprach von den schlechten Erfahrungen der Verkäuferin, obwohl ich nicht so viel von ihr wusste. Wäre gerne gegangen, aber ich hatte ja noch nicht bezahlt. Die Vekäuferin kam wieder, hatte zitternde Hände, der seltsame Mann ging. Er sei schon am Vorabend hier gewesen, erzählte die Verkäuferin. Sie hatte Angst und ich das Gefühl, dass dies für lange Zeit mein letzter Besuch in diesem Kiosk war.

Autor: Pia Fankhauser

Nicht nur links denkend. Menschen, Politik, Medizin, Technik und das Leben beschäftigen mich.

4 Gedanken zu „Abende“

  1. Ich habe selber mal als Kioskverkäuferin am Bahnhof in Bern gearbeitet. Wir hatten bis um 22 Uhr abends offen. 5 Jahre lang habe ich die Spätschicht gemacht. Beklaut worden sind wir öfters, das merkten wir aber jeweils erst bei der Inventur. Überfallen wurden wir nie wirklich, aber oft belästigt. Angesichts der vielen Kioske in der Schweiz (allein die Kiosk AG betreibt ca. 1700 Verkaufsstellen), passiert eigentlich herzlich wenig. Blöd ist, wenn der Kiosk ziemlich abgelegen und deswegen schlecht frequentiert ist.

    Eines kannst Du der Kioskfrau sagen: Angst hilft nicht weiter, im Gegenteil! Wenn sie Angst hat abends allein im Kiosk, sollte sie dafür sorgen, dass sie nicht mehr alleine ist. Vielleicht hat sie ja jemanden, der sie abends abholen könnte. Wenn der Mann immer wieder kommt, und nie etwas einkauft, könnte sie das der Polizei melden. Die sind dann – glaub ich – zumindest verpflichtet, einmal vorbei zu schauen. Allerdings sieht man einem Dieb oder Räuber nicht an, dass er ein Dieb oder ein Räuber ist. Schön wärs!

    Ich selber bin ja von der Kleidung her eher finster. Lederjacke, Kapuzenpulli, Bikerstiefel möglichst alles in schwarz. Ich werde oft auch misstrauisch beobachtet, das ist mir aber egal. Nicht mein Problem, ich klaue ja nicht. Ich habe kein schlechtes Gewissen. Ich amüsiere mich köstlich über die nervösen Leute um mich herum. Und wenn sich die Verkäuferinnen vor mir fürchten, ist das wirklich deren Problem. Ey, ich bin 1,55 m und schwächlich!
    Und wenn der finstere Mann sich deswegen beleidigt fühlt ist das sein Problem – möglicherweise hat er sogar ein schlechtes Gewissen, warum wohl?

  2. sicher könnte der kleine Wolf helfen: er ist überzeugt, dass man den bösen Männern ansieht, dass sie böse sind (schwarze Bärte, grimmiger Blick). Ich höre das nicht gerne, auch weil es mich doch sehr an das standardisierte Feindbild gewisser Parteien erinnert. Kaum sehe ich deshalb einen blonden, sanft lächelnden Bösewicht im TV agieren, rufe ich mahnend das Wölfchen herbei. Aber das nützt der Kioskfrau jetzt auch nichts. Vielleicht Karatetraining? Oder einen Teaser, das ist jetzt in.

  3. Nachtrag: der Typ wurde in Binningen verhaftet. Er hatte einen anderen Laden wegen Zigis überfallen. „Meine“ Kioskverkäuferin hatte doch noch die Polizei angerufen. Es stellte sich heraus, dass er in Reinach ein Portemonnaie geklaut hatte. Er war übrigens klein und nicht schwarz angezogen… Für mich ganz offensichtlich ein Junkie. Mir ist schon klar, dass nicht jeder Junkie klaut. Wenn aber jemand aggressiv ist, finde ich die richtige Reaktion nicht. Vielleicht doch Krav Maga?

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