Wo sind die Linden geblieben?

Wo sind die Linden geblieben?
Die Rückeroberung des öffentlichen Raumes durch die Zivilgesellschaft

Die Linde ist ein Baum des Volkes. Sie war beliebt und wurde verehrt als Dorflinde. Unter der Linde haben sich Alt und Jung getroffen, miteinander kommuniziert, getanzt und musiziert. Sie galt als Friedens- und Kommunikationsbaum. Reformator Martin Luther sagte: „Unter den Linden pflegen wir zu singen, trinken und tanzen und fröhlich zu sein.“
Der Lindenplatz war ein öffentlicher Raum. Heute sprechen wir oft von der Zivilgesellschaft, die per Definition Personen bilden, die sich im öffentlichen Raum treffen – wie damals unter der Linde.
Nur sind uns die Linden, bzw. der öffentliche Raum, abhandenkommen. Als Teil der Zivilgesellschaft fragen wir uns: Wo ist unser Raum geblieben?
Wir meinen nicht den staatlichen, verwaltungstechnischen öffentlichen Raum. Es geht um die nichtstaatliche Öffentlichkeit. Und verweisen darauf, dass alle drei Sektoren, der Staat, der Markt, wie die Zivilgesellschaft ein Recht auf ihren eigenen Raum haben. Die Privatsphäre (Familie) oder das Privateigentum sind bei uns ein hohes Gut, das wissen wir alle oder erfahren wir spätestens dann, wenn wir sie verletzen, bzw. entwenden. Auch die staatlichen Räume (Gebäude, National-und Kantonsstrassen u.a.) sind gut erkennbar und geschützt. Zu Recht.
Falls wir als Zivilgesellschaft existieren, müsste der öffentliche Raum auch sichtbar sein. Ohne diesen gibt es uns nicht. Wir haben uns auf die Suche gemacht und recherchiert bei: Allmendverwaltung, Zentrum öffentlicher Raum, Raumplanung, gesellschaftlicher Zusammenhalt etc. etc. Und ihn nicht gefunden. Egal wo wir hinkommen, ist der Raum durch die Beizen und Geschäfte kommerziell besetzt oder wir stehen vor der Tafel „Privat – kein Durchgang“.
„Geht doch auf den Barfi in BS oder auf den Bahnhofplatz in Liestal zum Parlieren, singen, trinken und tanzen“, riefen sie uns zu. Unter uns, haben Sie das einmal, wie das bei seinem eigenen Raum üblich ist, ohne Gebühren, Bewilligungen, Nutzungskonzepte versucht? Wenn ja, was haben Sie erlebt?

So unsere Bitte: Lieber Staat, bzw. Regierungen und lieber Markt, bzw. Aktionäre, gebt uns unsere Linden zurück. Sagt uns, wo sie stehen? Ladet uns ein, sie zu nutzen. Ihr werdet davon profitieren.

PS: Auf dem Münsterplatz in Basel hat man Ende des 19. Jahrhunderts die zehn Linden durch Kastanienbäume ersetzt. Man sagt, so habe alles begonnen – mit dem Verschwinden des öffentlichen Raumes. Wir vermuten dahinter eine Strategie der Obrigkeit, die Zivilgesellschaft an die lange Leine zu nehmen.

Text wurde verfasst von Jakob Clement und mir, zur Veröffentlichung vor der Weihnachtszeit. Nun dem Frühling angepasst! Mir wurde erzählt, dass es in Frenkendorf wieder eine Dorflinde gibt und auch andernorts werden sie vermehrt gepflegt. Hütet sie gut und belebt den Raum. Er ist wertvoll.

Autor: Pia Fankhauser

Nicht nur links denkend. Menschen, Politik, Medizin, Technik und das Leben beschäftigen mich.

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