Vor einigen Jahren fiel mir auf, dass immer weniger Autofahrende ihren Blinker vor dem Abbiegen betätigen. Es geht hier nicht darum, ob es verboten ist oder nicht, sondern um eine schlichte Feststellung. Der Blinker ist ja ein Kommunikationsmittel: ich biege jetzt ab, fahre raus. Für den Blinkenden selber nützt der Blinker nichts, der weiss ja, ob er abbiegen will oder nicht. Es ist also ein quasi solidarischer Akt mit den anderen Verkehrsteilnehmenden. Irgendwie ist das mit der Solidarität aber schwierig geworden. In der Krankenversicherung, einem solidarischen Konstrukt, wird immer wieder die Frage aufgeworfen, ob man dieses oder jenes noch bezahlen soll. Komasaufende zum Beispiel oder Hepatitiserkrankte, aber auch adipöse Menschen wurden schon mal solidarisch in Frage gestellt. Neuerdings geht es um die Sozialhilfe, die solidarisch steuerfinanziert immer teurer wird. Das ist der Preis für die Entscheidungen, die in der Arbeitslosenversicherung und den IV-Revisionen getroffen wurden. Ich kenne Menschen, die jahrelang auf Verfügungen der IV warteten, damit ihr ganzes Vermögen abbauen mussten und schliesslich bei der Sozialhilfe einer reichen Gemeinde landeten. Anstellen wollte diese Menschen in dieser Zeit niemand. Dafür beschied die Sozialhilfe, dass die Wohnung zu teuer sei, eine günstigere gab es aber auch nicht. Wo sind denn die solidarischen Wohnraumprogramme innerhalb der Regionen? Wie wäre es, wenn die 86 Gemeinden in Baselland eine IG Wohnen unterstützen würden. Basel macht es einmal mehr vor. Wohnraumoffensive statt Wirtschaftsoffensive wäre gefragt. Solidarität (von mir aus mit Finanzausgleich) als Grundsatz.
Irgendwann wird es vielleicht eine Studie geben über den Zusammenhang zwischen Blinker und Solidarität. Unterdessen freue mich über jeden Blinker und denke: es gibt sie noch, die Solidarität, aber sie bröckelt.