Landrat-Alltag

Morgen ist wieder Landratstag. Meine Patienten fragen häufig, was ich denn so tue, wenn ich nicht in meiner Praxis arbeite. Sie können sich schlecht vorstellen, was Politikerinnen genau machen. Also um 7.30 Uhr trifft sich die SP-Fraktion zur Fraktionssitzung. Es gibt eine gelbe Liste, auf der für jedes Geschäft eine zuständige Person aufgeführt ist. Diese berichtet von ihrem Traktandum (z.B. Hundegesetz) und stellt einen Antrag (ja oder nein). Dann wird mehr oder weniger diskutiert und die Fraktion stimmt ab. Wichtige Sachen kommen zuerst. Dann gibt es auch aus den Kommissionen so einiges zu berichten. Um 9.50 Uhr gehen wir zum Landratssaal und um 10.00 Uhr fängt die Sitzung an, die bis 12.00 Uhr dauert. Um 14.00 Uhr geht es dann weiter bis um 17.00 Uhr. Sitzleder ist gefragt, aufpassen sollte man auch, denn manchmal kommen diverse neue Anträge bei der Diskussion und dann gilt es schnell abzuwägen, was besser ist. Es gibt die taktischen Abstimmer, aber ich gehöre nicht zu ihnen. Diese stimmen zuerst zu, um nachher doch wieder abzulehnen. Morgen habe ich nichts zu sagen, nur zuzuhören. Zeitung lese ich übrigens auch! Da ich um 6.00 Uhr aufstehe und um 7.00 Uhr zum Bahnhof fahre, kann ich das nur im Landratssaal. Zuhören kann ich trotzdem, das nennt frau Multitasking!

Autor: Pia Fankhauser

Nicht nur links denkend. Menschen, Politik, Medizin, Technik und das Leben beschäftigen mich.

8 Gedanken zu „Landrat-Alltag“

  1. REPLY:
    Ja, es stimmt, die Welt war gestern eine verkehrte. Meine Prognose, dass ich nichts zu sagen hatte, war übrigens auch falsch. Es gelang mir leider nicht, überzeugende Argumente für meine Fraktion zu finden. Weder die Aufhebung des Spitexgesetzes noch die Verstärkung des Vermögensverzehrs wären im Rahmen des NFA nötig gewesen. Gestern erfolgten (nach der Sitzung) noch Gespräche über die Fraktionsgrenzen und ich hoffe, dass wir noch eine gute Lösung finden. Habe den Frauen der FDP, die sich, das muss hier gesagt werden, gegen ihren eigenen Regierungsrat gestellt haben, Recht gegeben. Ich verspreche es hier: wir werden eine bessere Lösung finden!

  2. Bei der Beratung des neuen Finanzausgleiches habe ich eine differenziertere Haltung der SP erwartet! Die Anliegen der alten Menschen nach koordnierten Betreuung sind bei der Regelung des Spitexgesetztes zu kurz gekommen. Und bei der Revision der Pflegeheimgesetzes hat ausgerechnet die FDP mehr Hilfe vom Staat verlangt. Verkehrte Welt? Oder hat die SP die Situation der kleinen Eigenheimbesitzer übersehen? Ich hoffe nun auf die 2. Lesung des Gesetzes!

  3. Gegen Sozialabbau, für Steuergerechtigkeit – und dann dieses Debakel im Landrat: Zusammen mit Steuersparern und Gemeindelobbisten für Abbau bei der Spitex und Pflegeheime als Armutsfalle.
    Ein solcher Ausrutscher darf der SP nicht noch einmal passieren.
    Danke für deinen Einsatz. Die SP-Fraktion wird hoffentlich noch einlenken und einer sozialeren und gerechteren Lösung bei der Umsetzung des NFA zustimmen.

  4. verlangt man jetzt von uns? Die EL-Gesetzgebung regelt, wie der Vermögensverzehr zu handhaben ist, wenn das Leben und das Schicksal einem trifft. Die EL ist eine Sozialversicherung. Keiner und keine soll wegen einer Lebenssituation zwischen die Maschen fallen. Aber es soll auch nicht so sein, dass die Sozialversicherung dazu beiträgt, dass das Einfamilienhäuschen und das „hart erarbeitete“ Vermögen auf die Erben überschrieben wird und dann die EL zahlt. Das will die FDP. Die SP steht nicht für diese Politik der sozialen Spaltung.
    Es ist auch kein Sozialabbau wenn statt die Gemeinde, zukünftig die Sozialversicherung die nicht gedeckten Kosten des Heimaufenthalts finanziert. Die SP hat sich im Baselbie noch bei keiner Gesetzesberatung im APH-Bereich dafür eingesetzt, dass der Vermögensverzehr – das heisst die Erben – besser gestellt werden.

  5. REPLY:
    Der Vermögensverzehr findet ja statt! Finden wir es aber besser, dass jemand alles Zeit seines Lebens verjubelt und dann unterstützt wird? Es ist doch einfach so, dass keine Not bestand, im Rahmen des NFA die Gesetze anzupassen. Wenn ein Lokführer nach Jahrzehnten harter Arbeit ein kleines Haus hat, das er mit seiner Frau bewohnt, dann gilt er vielleicht aufgrund gestiegener Landpreise als vermögend. In Wirklichkeit ist er es nicht! Aber wenn er ins Pflegeheim muss, dann soll er möglichst schnell sein virtuelles Vermögen abbauen? Was ist mit seiner Frau? Kann sie im Haus bleiben? Bis jetzt konnte mir nicht einmal jemand sagen, ob sie mit ihrem Teil das Pflegeheim mitfinanzieren muss oder nicht. Und das in einem Kanton, dem es finanziell ausgezeichnet geht? Der darüber befinden wird, dass er die Unternehmenssteuern reduzieren will? In so einem Kanton unterstützen wir als SP den Finanzdirektor? Interessant! Ich lerne doch immer wieder dazu.

  6. Die Errungenschaften des Sozialstaates dienen dazu, dass man nie unwürdig, nie von der Gemeinschaft alleingelassen wird. Es soll eine würdige Sicherung bei Eintreten eines Lebensschicksals erfolgen. Aber meinen Kindern habe ich gelernt, dass sie für ihren Lebensunterhalt schauen müssen, dann schauen wir als Familie zueinander und wenn das alles noch nicht reicht, dann ist dieser Staat – vor allem wegen den Sozialdemokraten – so fair, dass er Dich nicht ganz fallen lässt. Das erkämpften wir – soweit wir Sozialdemokraten das konnten- bei der Sozialhilfe, bei der Altersvorsorge und dafür stehen wir auch bei der Pflegeheimfinanzierung. Wir sind auch der Meinung, dass ein Freibetrag für das erarbeitete Vermögen bestehen bleiben soll. In der EL ist die Freigrenze ziemlich tief, man kann es auch etwas erhöhen. Und man kann auch darüber reden, ob der geschilderte Fall besser geregelt werden muss. Aber ich bleib dabei: Die sozialstaatliche Sicherung dient nicht dem Vermögensschutz.

  7. REPLY:
    Alles eine Frage der Kommunikation, oder? Schön, dass du eine Familie hast, haben nicht alle. Manchmal bleibt man kinderlos und kann nichts dafür. Ja, die Sozialdemokraten und -demokratinnen schauen zu den Leuten, dafür sind wir da. Die Reichen und Vermögenden schauen schon für sich selber, da habe ich keine Angst. Die können dann auch ihr Pflegeheim auswählen oder sich eine Pflegefachfrau anstellen. Wir können das Problem auch von einer anderen Seite anschauen: wieso sind Pflegeheim so teuer?

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